Wie alles begann 1948-1959
1848
Die Zugehörigkeit der evangelischen Himmelsthürer zur St.- Michaelis- und Christuskirchengemeinde
Ursprünglich gab es in Himmelsthür nur wenige evangelische Einwohner. 1848 wurden die evangelischen Einwohner anlässlich einer räumlichen Ordnung der Pfarrbezirke vom Königlichen Konsistorium, der obersten Kirchenbehörde im Königreich Hannover, mit den Einwohnern von Moritzberg, Trillke und Ochtersum zur Martinikirche in der Stadt Hildesheim eingepfarrt. Die Schließung der Martinikirche und Übernahme der Gemeindemitglieder zur wiederhergestellten umbenannten Michaeliskirche geschah 1857.
Das Königliche Konsistorium und die Königliche Regierung verfügte über die Gründung der Kirchengemeinde Moritzberg, zu der die lutherischen Einwohner Moritzbergs und Himmelsthürs gehörten. Am 1. März 1899 trat der Erlass in Kraft. Diese Gemeindegründung und der Bau der Christuskirche waren dem 1872 nach Hildesheim gekommenen Oberkonsistorialrat und Generalsuperintendenten D. Heinrich Eduard Gottfried Hahn zu verdanken. Der gebürtige Hildesheimer (1824 – 1901) hatte seine Jugend auf dem Moritzberg verbracht und schenkte den Moritzberger Lutheranern 1897 anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums sein Gartengrundstück am Hang des unteren Krehla zur Elzer Strasse als Bauplatz für eine Kirche.
Die erforderlichen Baukosten wurden innerhalb von knapp zehn Jahren zusammengebracht, eine selbständige Gemeinde gegründet (1899), im August 1901 wurde der Grundstein für den Bau der Christuskirche gelegt.
In den vorangegangenen Verhandlungen zeigte sich bei den Moritzbergern und Himmelsthürern Widerstand gegen die Gründung einer selbstständigen Gemeinde: Von den 470 geladenen Moritzbergern waren am 27.10.1896 nur 125 in ihrer Schule erschienen. 75 stimmten mit Ja, 50 mit Nein zur Gründung einer Kirchengemeinde. Von den 110 geladenen Himmelsthürern waren am 28.10.1896 nur 34 aus dem Ort und fünf aus Steuerwald in der Himmelsthürer evangelischen Schule versammelt. Davon stimmten nur Gärtnermeister Kohlmeier und sein Sohn der Gemeindegründung in Moritzberg zu (für sie sei der Kirchweg kürzer), während sich alle anderen der Meinung des Domänenpächters Amtsrat Sander anschlossen: „Man habe sich in dieser Gemeinde (St. Michael) stets wohl gefühlt und der Weg nach Hildesheim sei nicht weiter als der zum Moritzberg.“
Auf die Beschwerlichkeit der Feldwegbenutzung von Steuerwald zum Moritzberg im Gegensatz zu einer festen Landstrasse nach Hildesheim hatte Mühlenbesitzer Rohrmann aus Steuerwald hingewiesen. Weltliche und geistliche Kirchenkommissionen einigten sich, die Himmelsthürer in die für den Kirchbau erforderliche Gemeindegründung einzubeziehen, ließen aber den derzeitigen Zustand noch drei Jahre bestehen, sodass die am 10.01.1899 verfügte und am 21.02.1899 veröffentlichte Gründung der evangelischen Kirchengemeinde Moritzberg am 01.03.1899 in Kraft trat.
In den gleichzeitig verordneten Wahlen zum Kirchenvorstand waren die volljährigen männlichen Gemeindeglieder von Moritzberg und Himmelsthür wahlfähig. In Himmelsthür gab es von 56 Wahlberechtigten 13 Väter, deren Kinder katholisch getauft waren (in Moritzberg waren es 27 von 390). Zur Wahl am 26.07.1899 erschienen aus Himmelsthür nur vier, für Moritzberg 20 der Wahlberechtigten. Gewählt wurden für Himmelsthür Gärtner W. Kohlmeier, Maurermeister W. Büsener und als Ersatzmann Schuhmachermeister H. Hartmann. Der Erwerb der ersten Fläche des heutigen evangelischen Friedhofs, die Gründung der Kirchengemeinde und der Beginn des Kirchenbaus erfolgten durch Pastor Ohnesorge, sein Nachfolger Pastor Karl Heinrich August Witte war der erste amtierende Pastor der Christuskirche.
Am 07.02.1904 wurde die Kirche geweiht, 1906 das Pfarrhaus gebaut, 1913 die erste Friedhofskapelle errichtet. Außerdem wurden mehrere Vereine gegründet: 1904 Gustav-Adolf-Verein, 1905 evangelischer Männerverein, 1908 Jünglingsverein – aus ihm gingen ein Posaunenchor mit 20 Bläsern, eine Gesangsgruppe und eine Turn-Fußballabteilung hervor – parallel dazu ein Jungfrauenverein, 1904 die „Frauenhilfe“, die aus dem evangelischen „Frauenbund“ entstand. 1905 wurde die Schwesternstation gegründet und vom Henriettenstift aus Hannover besetzt. Bis 1956 gehörten die evangelischen Einwohner Himmelsthürs zur Christusgemeinde.
Pastoren an der Christuskirche waren in dieser Zeit: Pastor Karl Heinrich August Ohnesorge 1886 bis 1903, Pastor August David Witte 1903 bis 1928, Pastor Lic. Herbert Riege 1928 bis 1950 und Pastor Heinz Bauer 1950 bis 1983.
Ab 1945
Gemeindegründung
Es wurden in Himmelsthür mit verschiedenen Programmen Siedlungshäuser erstellt, in denen überwiegend Heimatvertriebene und Flüchtlinge aus den Ostgebieten sowie viele Volksdeutsche aus den osteuropäischen Ländern Aufnahme fanden. Hiermit veränderte sich auch die konfessionelle Zusammensetzung der Himmelsthürer Einwohner.
Während 1910 von 1.721 Einwohnern 1.128 katholisch und 593 evangelisch waren, wurde 1946 bei 2.340 Einwohnern ein Gleichstand erreicht und 1952 1.600 Katholiken und 1.800 Nichtkatholiken (einschließlich der Bewohner des Frauenheims) gezählt.
Im Oktober 1956 ordnete das Landeskirchenamt in Hannover die Bildung der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Himmelsthür an. Die so errichtete Pfarrstelle wurde ausgeschrieben. Pastor coll. Wolfgang Schmidt, der am selben Tag zum Hilfsgeistlichen an der Christuskirche ernannt wurde, bezog eine Wohnung in Himmelsthür und versah die neu eingerichtete Pfarrstelle im Auftrag von Pastor Bauer.
Bereits 1955 war 14-tägig eine Andacht für die Alten in der evangelischen Volksschule eingerichtet worden. Nun fanden die sonntäglichen Gottesdienste, Kindergottesdienste, Taufen und zwei Konfirmationen in der Vorhalle der 1953 erbauten Volksschule in der Danziger Straße statt. Dort stand unter dem Wappen aller deutschen Länder der aus zwei Tischen erstellte Altar. Der Gemeindegesang wurde auf einem Harmonium begleitet, das nach langen Verhandlungen die Gemeinde Steinkirchen bei Hamburg zur Verfügung gestellt hatte.
Oft reichten die Sitzplätze für die Besucher des Gottesdienstes (im Durchschnitt waren es 90 bis 100) nicht aus. Die Luft war stickig und trotzdem denken viele Gemeindeglieder gern an diese drei Jahre des Zusammenwachsens in der eigenen Kirchengemeinde zurück.
Im Kindergottesdienst (mit 90 Kindern) verteilten sich mehrere Gruppen mit den Kindergottesdienst-Helfern in den Klassenräumen zur Katechese. Die Adventsfeiern der Gemeinde fanden im Saal der Gastwirtschaft Armbrecht statt.
Am 17.02.1957 führte Pastor Dr. Storch als Vertreter des Stadtsuperintendenten aus Hildesheim den ersten Kirchenvorstand ein. Am 18.03.1957 wurde Pastor Reinhard Wellhausen zum Pastor in Himmelsthür ernannt. Am 31.03.1957 hielt er seine Aufstellungspredigt. Am 01.04.1957 erhielt Pastor Wolfgang Schmidt als Schulpastor der Landeskirche den Auftrag eines Schulpastors in Hildesheim. Am 05.05.1957 führte Stadtsuperintendent Dr. Heintze Pastor Wellhausen in der Himmelsthürer Schule in sein Amt ein. Die Christuskirchengemeinde schenkte aus diesem Anlass der Gemeinde ein Taufgerät, am Erntedankfest auch das Abendmahlsgerät. Am 01.08.1957 konnte Pastor Wellhausen das provisorische Pfarrhaus Königsberger Strasse 58 beziehen.
ab 1958
Der Kirchenbau
Schon seit einigen Jahren gab es Pläne für einen Kirchenbau in Himmelsthür. Starker Förderer dieses Vorhabens war der damalige Stadtsuperintendent Degener. Er regte an, zur Erinnerung an die frühere Paulinerkirche (Stadthalle), die längst keine Kirche mehr war, wenigstens den Apostelnamen auch im Hildesheimer Kirchenkreis fortzuführen und die neue Kirche in Himmelsthür „St. Paulus“ zu nennen. Es gelang dank der Initialhilfe des Gustav-Adolf-Werkes, der Zusagen von Landeskirche, Landkreis und politischer Gemeinde, die Finanzierung zu sichern. Landeskonsistorialrat Professor Witt, Architekt vieler Kirchen, entwarf auch dieses Gotteshaus. Am 24.09.1958 konnte mit den Ausschachtungsarbeiten begonnen werden. Ein großes Holzkreuz wurde als Hinweis auf das Entstehen einer Kirche errichtet.
Am 12.10.1958 fand die Grundsteinlegung für die St.-Paulus-Kirche statt. Eine zahlreiche Gemeinde (annähernd die Hälfte der auf fast 6.000 Einwohner angewachsenen Bevölkerung Himmelsthürs waren jetzt evangelischen Glaubens) versammelte sich trotz des drohenden Regens, als Landesbischof Dr. Dr. Hanns Lilje über das Wort aus dem 26. Psalm predigte: “Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt.“
Bereits am 18.12.1958 konnte das Richtfest gefeiert werden. Dank der Initiative Pastor Wellhausens und der unbürokratischen, schnellen Unterstützung durch Gemeindedirektor Bodenstein wurde im März 1959 mit dem Bau des Kirchturms begonnen, am 26.08.1959 wurde der Turm gerichtet.
Inzwischen waren in der Glockengießerei F. W. Schilling in Heidelberg vier Bronzeglocken gegossen, wie alle seit 1945 für Hildesheim geplanten Geläute in Absprache zwischen den Glockensachverständigen der evangelischen und katholischen Kirche disponiert. Am 07.10.1959 nahm die Kirchengemeinde Himmelsthür ihre Glocken feierlich in Empfang.
Am 31.10.1959 wurden die vier Glocken durch Landessuperintendent Detering im Anschluss an den Gottesdienst in der Schule geweiht.
Die Freude der Gemeinde an dem vierstimmigen hellen Geläut bestätigte den Wunsch nach der geplanten, aber zunächst nicht finanzierbaren tieferen Glocke. Pfingsten 1967 konnte diese wiederum aus Spenden bezahlte f’ -Glocke geweiht werden. Auch sie wurde in Heidelberg gegossen.
Am 21.11.1959 wurde nach unfallfreier 14-monatiger Bauzeit die St.-Paulus-Kirche durch Landesbischof Dr. Dr. Hanns Lilje eingeweiht. Unter der Leitung von Baumeister Rennenberg vom Amt für Kirchenbaupflege waren am Bau und an der Ausstattung viele Firmen beteiligt gewesen.
Nach einer kurzen Andacht in der Schulhalle formierten sich über 800 Gläubige zum feierlichen Zug zum neuen Gotteshaus. Nach der Schlüsselübergabe waren die 400 Plätze in der Kirche und 200 weitere im Gemeindesaal bald voll besetzt, auch in den Gängen und im Vorraum standen noch Teilnehmer. Den draußen Gebliebenen vermittelte eine Lautsprecheranlage die Teilnahme. „Singet dem Herrn ein neues Lied“, leitete der Männergesangverein Himmelsthür den Gottesdienst ein, in dem Kirche, Altar, Taufstein und Kanzel geweiht wurden und Landesbischof Lilje die Festpredigt über Offenbarung Johannes, Kapitel 21 hielt.